Der Löwe im Horst

Da hat er gebrüllt, der bayerische Löwe, und ziemlicher Unsinn kam heraus: Horst Seehofer hat Merkels Flüchtlingspolitik als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet. Klaus Vater, Ex-Regierungssprecher, ist empört

Die einen sagen, der Vorname Horst sei vom Wort Horsa abgeleitet, also von Pferd, Hengst; die anderen sagen, der Vorname Horst komme von Hurst, was Gestrüpp, Unterholz bedeutet. Seit Horst Seehofers jüngsten Einlassungen über Recht und Unrecht in Deutschland bin ich ziemlich sicher, dass die Unterholz-Deutung die richtige ist.

Denn was Seehofer der Passauer Neuen Presse sagte: „Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung. Es ist eine Herrschaft des Unrechts“, ist wirres Zeug, geistiges Gebüsch, das nie bis zu den Wipfeln der Bäume wächst. Es ist in etwa so wirr wie die damalige Entgleisung des Oskar Lafontaine, der dem amtierenden Kanzler Helmut Schmidt bescheinigte, mit seinen „Sekundärtugenden“ hätte der auch ein Konzentrationslager betreiben können. Lafontaine hat sich später entschuldigt. Ob Seehofer um Verzeihung bittet, ist ungewiss. Eher nicht. Vielleicht wird er sagen lassen, er sei falsch verstanden worden.

Das wäre dann die Richtung, die einem Gerücht nach ein Mitarbeiter Herbert Wehners vorgegeben hätte. Ein Journalist will damals, temporibus illis, mitbekommen haben, dass Wehner dem nachgerufen hat: Ich bring dich um. Das liegt weit neben dem, was Wehner so von sich gab (Hodentöter statt Todenhöfer, Böll dazu: Lull-Knurren). Jedenfalls hat der Wehner-Mitarbeiter, von Journalisten befragt, erklärt, das habe man gründlich missverstanden; Wehner habe ihm zugerufen: Ich bring dir Rum.

Pegida-Anhänger können sich jetzt auf Seehofer berufen

Die Anzahl der Buchstaben bleibt gleich, aus dich wird dir, aus um wird Rum. So wie bei maßhalten und Maß halten.

Zu einem ähnlichen Manöver müsste der Ministerpräsident – in dessen Logo ein Löwe brüllt – greifen, um von der „Herrschaft des Unrechts“ wieder herunterzukommen. So dass am Ende der Geschichtenerzählung ein Löwe vorgefunden würde, der nicht mehr brüllt, sondern wie eine Katze miaut, weil er nicht aus dem Unterholz hinaus findet, den vielleicht gar Dornen in den Tatzen quälen, was einen gestandenen Löwen, zumal einen bayrischen, schon um seinen Verstand bringen kann.  

Das war's aber dann auch, was sich an Lustigem zu Seehofers Entgleisung finden lässt. Der große Rest ist so, dass er ein Wort Max Liebermanns aufleben lässt: Ich kann gar nicht so viel fres…, wie ich kot… möchte.

Jeder und jede, der oder die mit ausländerfeindlichem Gestrüpp im Kopf zu Pegida-Demos läuft, kann sich künftig auf den Horst Seehofer berufen und sogar sagen: Ich leiste Widerstand gegen die Herrschaft des Unrechts. Die Herrschaft des Unrechts hat schließlich der bayerische Ministerpräsident selber festgestellt. Öffentlich. Hatte zuvor unser Höcke ja auch schon getan. Jetzt stellt sich raus: Der Mann hatte recht, Seehofer hat ihm beigepflichtet! Das hat der Horst richtig gut hingekriegt!

Schluss und nicht gut: Halt endlich mal die Klappe, Horst Seehofer. Schlag einfach eine Zeit lang einen Bogen um Mikrofone und Kameras.